EINE ABSTRUSE ZUSAMMENFÜGUNG VON BEGFRIFFEN ZWECKS UNTERMAUERUNG EINER VORGEFERTIGTEN MEINUNG
Die eigenwillige Interpretation der Geschichte Ladiniens und die Argumentationsweise des Herrn Erich Demetz sprechen in letzter Konsequenz auch der historischen Tiroler Landeseinheit jede Berechtigung ab. Auf mehrere Diözesen aufgeteilt, unterstanden die einzelnen Landesteile verschiedenen Verwaltungsbezirken, die Territorien der Fürstbischöfe von Brixen und Trient kamen erst 1803 durch die Säkularisierung zu Tirol und in Südtirol selbst gab es bis 1964 zwei Diözesen. Zudem erfolgte die Gebietserweiterung Tirols nicht immer friedlich. Wer daher die historische Einheit Tirols oder sogar eine Wiedervereinigung, etwa in Form der Europaregion Tirol, propagiert, den dürfte Herr Demetz Lügen strafen.
Ivan Lezuo.
DOLOMITEN, 07.08.2007
MEINE MEINUNG – Die in dieser Rubrik wiedergegebene Meinung muß nicht mit der der Redaktion übereinstimmen Der Grödner Erich Demetz ist Präsident des Weltcupkomitees und Künstler. Im folgenden Beitrag äußert er sich zur ladinischen Geschichte sowie zum bevorstehendem Referendum. Er ist der Meinung, dass, “wer von einer Wiedervereinigung mit Südtirol oder gar von einer verloren gegangenen Einheit Ladinies spricht, Geschichtsfälschung betreibt.” Panladinischer Flop am Sellajoch. Letztens sind in den “Dolomiten” zu der vom Großteil der Bevölkerung Grödens und Abteis abgelehnten Kunstsprache nur die Verfechter des “Ladin dolomitan” zu Wort gekommen und aus einem panladinischen Flop am Sellajoch wurde eine Erfolgsstory gestrickt: die Ladiner aller Talschaften hätten ihren Willen zur politischen Einheit bekunden sollen, tatsächlich war aber so gut wie niemand erschienen. Bezüglich der Kunstsprache ist es bezeichnend, dass sich in Graubünden Mitte Juni nur etwa 15 Prozent der Stimmberechtigten für das “Grischun romantsch” als Amtssprache (zusätzlich zu den angestammten Idiomen) erklärt haben. Eine Volksbefragung in Gröden und Alta Badia zum “Dolomitan” würde ebenso ausgehen.
Marco Pizzinini unterstellt der Provinz Belluno, die “gemeinsame Geschichte der Ladiner” zu vergessen und ihren “Wunsch nach Wiedervereinigung” zu torpedieren (“Dolomiten”, 26. Juli). In Wirklichkeit hat es in der Geschichte Ladiniens seit 798, als Säben und seine Pfarreien von Aquileia abgetrennt und Salzburg unterstellt wurde, weder eine politische noch eine administrative und schon gar keine kirchliche Einheit im Sinne etwa eines ladinischen Bezirkes oder Diözese wie im Kanton Graubünden gegeben. Ampezzo ist nicht wie Tirol 1363 (mit Gröden und Abtei) freiwillig der Österreichischen Monarchie beigetreten, sondern 1511 von Kaiser Maximilian in Schutt und Asche gelegt und gewaltsam besetzt worden. Buchenstein und Cortina gehörten seither nicht zu Südtirol sondern (unfreiwillig) zur Domäne Habsburgs und zu Tirol, dessen Landeshauptstadt nicht Bozen, sondern Innsbruck war. Wer von einer Wiedervereinigung mit Südtirol oder gar von einer verloren gegangenen Einheit Ladiniens spricht, betreibt also Geschichtsfälschung.
Von diesen geschichtlichen Überlegungen abgesehen wäre es tatsächlich an der Zeit – darin bin ich mit Herrn Pizzinini einig -, nicht nur die am 28. Oktober zu einem Volksentscheid berufenen Bürger der Provinz Belluno, sondern auch die Südtiroler über den genauen Sachverhalt im Falle eines Anschlusses eines Teils der Provinz Belluno an Südtirol aufzuklären: Die Buchensteiner und Ampezzaner sollten über die verfassungsrechtlichen Folgen in bezug auf Proporz, offizielle Sprachen, Schulwesen usw. im Bild sein und die Südtiroler über die veränderte politische Gewichtung (zu Schaden der heutigen Mehrheitspartei) insbesondere in Ladinien. Es dürfte kaum zu regionalen Grenzverschiebungen kommen, dennoch sollten die Medien einen sachlichen Beitrag leisten, nicht zuletzt um wenigen Eiferern diesseits des Falzaregos den politisch-ideologischen Nährboden zu entziehen, um den es in Wirklichkeit nur geht.
Einer irreführenden und oberflächlichen Geschichtsdarlegung ist indessen eine seriöse Auseinandersetzung mit der Geschichte Ladiniens und Tirols entgegenzuhalten. Folgendes sei dabei bemerkt: -Zwischen den Ladinern der fünf Täler gab bzw. gibt es Beziehungen kirchlicher, kultureller und wirtschaftlicher Natur. -Die Geschichte der Ladiner fügt sich in die Entstehungsgeschichte und die historische Entwicklung Tirols bzw. Südtirols ein. -Von 1789 bis 1818 war Ladinien nahezu ununterbrochen unter der Diözese Brixen vereint; bis 1964 gehörten ihr Buchenstein (seit 1027) und Ampezzo (seit 1789) an. -Von 1803 bis 1918 (außer 1810-1814) gehörten alle fünf Täler zu Tirol. Bereits zuvor war das Bistum Brixen (mit Buchenstein, Fassa und dem Gericht Thurn an er Gader) etwa durch Verträge über die Wehrhoheit und die Steuereinhebung an Tirol gebunden. Das gemeinsame, alle Ladiner umfassende Tiroler Bewusstsein erwies sich als verbindendes Element und es hat als bestimmender historischer Faktor zur Selbstfindung und zum einheitstiftenden Identitätsbewusstsein der Ladiner beigetragen. -Durch einige seiner Aussagen vollbringt Herr Demetz bizarre Geschichtskapriolen, eine abstruse Zusammenfügung von Begriffen zwecks Untermauerung einer vorgefertigten Meinung. Die Behauptung etwa, Buchenstein und Cortina hätten nicht zu Südtirol gehört, wird durch historische Dokumente entkräftet. Ein Autonomieprojekt der Südtiroler Vertreter von 1919 beispielsweise belegt, dass sämtliche ladinischen Gemeinden den Verbleib bei Deutsch-Südtirol forderten. Dennoch wurden Buchenstein und Ampezzo 1923 gegen ihren Willen an die Provinz Belluno angeschlossen. Dr. Ivan Lezuo, Präsident der Comunanza ladina a Bulsan